ein Projekt für den Arten- und Klimaschutz im Landkreis Börde
Renaturierung der Hägebachaue bei Samswegen
Mit der schrittweisen Intensivierung der landwirtschaftlichen Grünlandnutzung ging in den letzten 100 Jahren ein Großteil der Feuchtwiesen beidseitig des Hägebachs als Lebensraum für wilde Tier- und Pflanzenarten verloren.
Etwa 7 Hektar Grünland gingen verloren als in den 1970er Jahren unmittelbar nördlich von Samswegen Niedermoortorf abgebaut wurde. Nach Beendigung des Torfabbaus blieben relativ flache Gewässer zurück in deren Randbereichen sich Erlenbruchwälder entwickelten.
Bereits im Jahr 1991 begann der damalige Landkreis Wolmirstedt mit den Planungen zur Renaturierung des Hägebachs und seiner Aue nördlich von Samswegen. Durch die Rückhaltung des Wassers soll das Niedermoor vor weiterer Austrocknung bewahrt und langfristig wieder artenreiche Feuchtwiesen entwickelt werden. Der zu diese Zweck geplante Bau von 10 Sohlschwellen im Hägebach zur Anhebung des Grundwasserspiegels wurde nach der Besiedlung des Gebietes durch den Biber entbehrlich. Der Elbebiber errichtete im Jahr 2013 innerhalb weniger Monate 3 Staudämme im Hägebach, sodass der Wasserstand auf die zuvor geplante Höhe anstieg.
Innerhalb des heutigen Projektgebietes gibt es drei flächenhafte Naturdenkmale (FND), die bereits 1978 aufgrund ihrer ökologischen Bedeutung und hohen Artenvielfalt unter Schutz gestellt wurden. Viele der hier vorkommenden Tier- und Pflanzenarten sind in unserer Umgebung sehr selten geworden und kommen heute nur noch an wenigen anderen Stellen im Landkreis vor.
Einige botanische Besonderheiten, wie der Fieberklee (Menyanthes trifoliata), das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), die Schachblume (Fritillaria meleagris) und der Bach-Nelkenwurz (Geum rivale) konnten durch gezielte Schutz- und Bewirtschaftungsmaßnahmen im FND „Hägebachaue- Ostteil“ auf kleinen Standorten überleben. Durch eine angepasste, extensive Flächennutzung soll auch die Ausbreitung der Bestände von Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-culculi), Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis), Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis), Sumpf-Baldrian (Valeriana dioica), Kohl-Kratzdistel (Cirsium oleraceum) und Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre) auf alle Flächen des Projektgebietes gefördert werden.
Es stellte sich heraus, dass eine Mahd der Feuchtwiesen bei ansteigenden Grundwasserständen immer schwieriger wird. Insbesondere die Mahd mit herkömmlichen landwirtschaftlichen Maschinen ist ab einem gewissen Wasserstand nicht mehr möglich. Für eine Mahd mit Hand oder mit handgeführten Motorgeräten stehen jedoch immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung.
Deshalb wurde 2015 eine naturnahe extensive Ganzjahresbeweidung mit Rindern in das Gesamtkonzept integriert. Die Tiere halten die Wiesenbereiche auf natürliche Weise offen, schaffen wichtige Kleinstrukturen und unterstützen bei ihren Wanderungen über die Fläche die Ausbreitung von Pflanzensamen.
Die südliche Hägebachaue stellt einen wertvollen Lebensraum für verschiedene Tierarten dar, die anderenorts durch den Verlust von Feuchtgebieten selten geworden sind. Von der Renaturierung der Feuchtwiesen profitieren vor allem Arten wie Mooreidechse (Zootoca vivipara), Moorfrosch (Rana arvalis), Sumpfschrecke (Stethophyma grossum) und Ringelnatter (Natrix natrix). Durch die große Vielfalt an Biotopstrukturen und Pflanzengesellschaften gibt es darüber hinaus eine überdurchschnittlich hohe Anzahl verschiedener Insektenarten im Gebiet. Systematische Bestandsaufnahmen in den Jahren 2017 und 2018 haben ergeben, dass 38 verschiedene Tagfalter- und 41 Libellenarten im Projektgebiet vorkommen. Ein Teil der Arten kommt in ganz Sachsen-Anhalt nur selten vor.
Von der hohen Anzahl der Insekten profitieren wiederum Vogelarten, wie Kranich (Grus grus), Neuntöter (Lanius collurio), Wendehals (Jynx torquilla) und Wespenbussard (Pernis apivorus), welche die Wiesen und Gewässer im Projektgebiet als Nahrungs-, Rast- und Bruthabitat nutzen.
Intakte Niedermoore stellen natürliche Kohlenstoffspeicher dar. Die Renaturierung der südlichen Hägebachaue trägt zur Reduzierung des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre bei. Das Projekt ist ein Beitrag zum lokalen Klima- und Artenschutz durch Erhaltung von Dauergrünland im Landkreis Börde. Der NABU Barleben e.V. ist im Rahmen einer Projektvereinbarung mit der Durchführung der notwendigen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen beauftragt und leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur Information der Öffentlichkeit über die Ziele, Methoden und Ergebnisse des Projektes.